Table Mountain und andere Hürden

Richtig mächtig baut er sich jeden Morgen vor mir auf, wenn ich das Haus in der Upper Pepper Street verlasse. Täglich beeindruckt er mich aufs Neue, erscheint er in einem anderen Licht, mal unter strahlend blauem Himmel, mal komplett in dichte, graue Wolken gehüllt, mal mit einer hauchdünnen, weißen Wolkenschicht überzogen, als hätte man das berühmte “Tablecloth” (“Tischtuch”) drüber gebreitet. Im Übrigen ein Phänomen, das vorwiegend im südafrikanischen Sommer beobachtet werden kann: Feuchte Luftmassen, die am Table Mountain auf warme Fallwinde treffen, wer es meteorolgisch genauer wissen will.

Der Tafelberg (knapp 1090 m) ist definitiv ein Augenschmaus. Man kann nicht wegschauen, muss immer wieder den Blick vom “Devil’s Peak”, dem höchsten Punkt auf der rechten Seite des Massivs, über das 3 Kilometer lange Plateau bis hin zum “Lion’s Head” streifen lassen.
Wenn ich das Haus in der Upper Pepper Street verlasse, stehe ich nicht nur in Bo-Kaap (offiziell Schotschekloof), dem buntesten und für Touristen wohl attraktivsten Stadtteil Cape Towns, sondern auch direkt unter dem “Signal Hill”, der noch den letzten Ausläufer der Bergkette bildet. Oft bleibe ich unbewusst einfach länger als nötig vorm Haus stehen und lasse den Blick – wie eben beschrieben – und gleich wieder retour wandern, so phänomenal finde ich ihn.

Das Massiv zählt seit 2012 zu den “sieben Weltwundern der Natur”. Diese Liste werde ich mir bye the way nach meinem Südafrika-Aufenthalt definitiv noch einmal zur Hand und genauer unter die Lupe nehmen. Mit der Halong Bay in Vietnam (2013) und dem Tafelberg habe ich nämlich erst zwei davon mit eigenen Augen gesehen. Dass das nicht so bleiben kann, ist ebenso selbstverständlich, wie die Tatsache, dass ich den Tafelberg nicht mit dem “Cable Car”, sondern zu Fuß erklimme.

Gemeinsam mit Sandia (Frankreich) und Louise (Kanada) geht’s Sonntagfrüh (So, 2. Okt.) zeitig los. Welchen der insgesamt 300 möglichen Wanderwege wir für den Aufstieg wählen, kann ich leider zum jetzigen Zeitpunkt nicht genau sagen. Fest steht aber, dass ich ihn beschwerlich und sehr mühsam finde. Ich komme gehörig ins Schwitzen und nehme mir vor, den Tafelberg in den kommenden Monaten mindestens noch drei weitere Male anzu”gehen”. Das darf ja nicht wahr sein. Finally komme ich nach 2:45 Stunden auch endlich am Plateau an und kann die Stadt von oben betrachten. Die Sicht nach unten entschädigt mich für alle Anstrengungen, so überwältigend ist dieser Ausblick! Runter nehmen wir dann aber doch die Gondel. Langes Anstehen für eine Fahrt, die gerade mal 5 Minuten dauert. Immerhin dreht die Bahn währenddessen eine 360-Grad-Runde.

Dass ich mit meinen Kräften dieser Tage haushalten muss, merke ich aber nicht nur bei unserer Hiking-Tour.

Kapstadt fordert mich. Überfordert mich. Immer noch. Jeden Tag. Zwar habe ich mich nun endlich mit den kleinen Ryan Phillipe- und Kim Kardashian-Wanna-Be’s, die täglich mit Hangover (auf Afrikaans “babbelas”) in den Klassen sitzen und (ich weiß, das ist jetzt gemein…) glauben, dass Kapstadt nur aus der Fortgehmeile Long Street besteht, abgefunden, fühle mich aber trotzdem noch nicht rund hier. Ich bin mehr als reizüberflutet und irgendwie ziemlich gestresst. Wie ich in einem meiner vergangenen Posts schon geschrieben habe, muss ich leider meine Gastfamilie verlassen. Die Familie wird nicht mehr weiter für EF zur Verfügung stehen, und Mario und ich stehen somit bald auf der Straße. Weder will ich aus Bo-Kaap – mittlerweile meine Hood – weg, noch will ich in einer Familie landen, wo ich mir das Badezimmer und das Klo mit fünf bis neun anderen Studenten (schon gehört, dass es das hier gibt…) teilen muss… Wie auch immer, die Gespräche mit der Accomodation-Verantwortlichen laufen. Ich kann jetzt mal nur abwarten, was sie mir anbieten wird.

Der Schulalltag ist ebenfalls ordentlich fordernd. Es gibt jeden Tag einen Haufen Homework zu schreiben, wöchentlich eine Präsentation vorzubereiten und zu halten (gestern hab ich als “weirdest, most extreme, most serious, … law case” über “The Fritzl case” gesprochen) und zu allem Überdruss nun noch ein “Musical”-Projekt vorzubereiten, das bis Mitte Dezember von uns Langzeitstudenten (alle, die länger als fünf Monate hier sind) auf die Beine gestellt werden muss. Arbeitstitel: “Through the stars”. Einer der Teachers, Eduard (“I am freaking out!”), der diese Show von “oben” mitbetreut, ist jetzt erst kürzlich drauf gekommen, dass wir nur mehr gute zwei Monate dafür Zeit haben und macht dementsprechend Stress, während JJ, der kreative Leiter, sich umgeben von kichernden Mädls ausschließlich um erste Tanzeinlagen und -performances kümmert – natürlich nicht ohne sich selbst dabei dementsprechend in Szene zu setzen. Huch!

Dazu finde ich mich mittlerweile in der besonders dankbaren Aufgabe wieder, – bis nächsten Freitag! – einen Flash Mob nicht nur zu organisieren (wenn’s nur das wäre *lach*), sondern auch abzufotografieren und zu -filmen, um genügend Bildmaterial für die Show zu haben. Naja, noch finde ich das alles amüsant. Mal sehen, wie lange noch. Wenn man mich momentan fragt: “Howzit?”, antworte ich sicher: “I am poegaai!” (auf Afrikaans: “Ich bin entsetzlich müde!”)

2 comments on “Table Mountain und andere Hürden

  1. Hut ab!!! Geübte Berggeher brauchen normalerweise für 1000 Höhenmeter 2 1/2 Stunden .So sind immer die Zeitangaben in der Berg-Literatur. So gesehen ist Eure Zeit einfach toll ! Die Aussicht von dort Oben ist ja fantastisch. Hoffentlich findest Du wieder ein nettes Quartier bzw. Zu Hause. Freue mich schon auf Deinen nächsten Blog.

    1. Hallo Fritz, der Ausblick ist wahrlich fantastisch! Am Sonntag gehe ich wieder – diesmal von Kirstenbosch aus, also von hinten herum. Angeblich dauert es ein bisschen länger. Mal sehen! Freu mich schon!
      Bis bald!
      Bussi AG

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