Cape Town, you’re killing me!

Der Titel dieses Posts sagt bereits alles. Mittlerweile bin ich in meiner dritten Woche hier angekommen und fühle mich alles andere als gut aufgehoben. Es ist die Stadt an sich, die mich fertig macht. Kapstadt – das wusste ich – bringt mich an meine Grenzen. Dabei kann ich nicht mal genau sagen, woran es liegt. Es sind wohl viele, unterschiedliche Puzzleteilchen, die mein ganzes derzeitiges Dasein ins Wanken bringen und die so viele Fragen auf einmal und stante pede in mir aufwerfen.

Is Justin Bieber a moron?, ist nur eine davon. Genaugenommen will das Lee heute in der Einheit “Academic Skills” von uns wissen. Hm. Justin Bieber?! Ja, okay, schon gehört, aber ehrlich gesagt, nie nur irgendwie Zeit für den aufgewendet. Warum auch? Was kümmert mich ein (schon volljähriger?) Popstar, der Schlagzeilen durch Nacktfotos auf Instagram und wegen Trunkenheit am Steuer verursachte Autounfälle macht? Ich stelle wieder fest, dass ich weit älter bin als alle anderen meiner Klassenkameraden und teile ihnen meine Bedenken – nämlich, dass ich mich bis dato in meinem Leben weder mit der Person Bieber noch mit irgendwelchen seiner Songs beschäftigt habe – auch mit; dafür ernte ich nur widerspenstiges Grinsen. Die Einheit heute wird eine meiner schlimmsten. Nach wie vor habe ich große – ja! – Probleme dabei, mir ein Englisch zurechtzulegen, in dem ich mich wohl fühle. Wenn ich dann auch noch über Themen sprechen soll, über die ich auch inhaltlich so gar nix zu sagen weiß, wird’s gleich doppelt schwer.

Diese Woche läuft gar nicht gut an, das merke ich schon. Gleich morgen (Dienstag)früh bin ich endlich mit meiner Präsentation über meinen Lieblingsfilm dran, den wir schon vergangene Woche hätten vorstellen sollen. Ich habe mich – bitte nicht lachen! – für die “Sissi”-Trilogie entschieden. Und zwar aus ganz einfachen Gründen: Es spielt genau wie “Sound of Music”, das jeder auf diesem Erdball – mit Ausnahme der Österreicher – kennt , u.a. auch in den österreichischen Alpen und ist in der Tat ein Film bzw. eine Trilogie, die ich mehrmals in meinem Leben – in der Tat freiwillig – gesehen habe. Warum also nicht gleichzeitig ein bisschen die Werbetrommel für unser schönes Land rühren? Meine PowerPoint kommt simpel daher, aber was genau soll ich auch großartig vorbereiten? Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie die Leute morgen drauf reagieren.

Wie auch immer. Der Alltag hat mich noch nicht wirklich eingenommen. Ich tue mir wirklich schwer mit meinem “neuen” Leben in Kapstadt, das ich mir aber selbst ausgesucht habe. Ich bin es nicht gewohnt, abends in ein Taxi steigen zu MÜSSEN, um sicher nach Hause zu kommen, bin es nicht gewohnt, dass meine Tage daher schon so frühzeitig enden. Gottseidank steht mir Mario, mein spanischer “WG-Kollege”, mit Rat und Tat zur Seite. Gerade bei alltäglichen Dingen, wie Laundry-Service, Busticket oder Handyguthaben, hat er mir schon viel geholfen. Abends fahren wir manchmal mit Uber-Taxis in die Stadt, wo er mir geniale Restaurants und Bars zeigt. Ja, und das ist das andere Kapstadt: Das Angebot an Clubs, Theatern, Kinos (erst letzte Woche war Tallulahs Klasse gemeinsam im Labia Theatre, einem alten Old School Kino in der Orange Street), Bars, Restaurants ist immens. Und auch die Aktivitäten, die dort stattfinden, sind nicht rar. Welcome Partys in “The Bank”, im “169 – on Long”, im “Buena Vista Social Cafe” usw usf. Noch war ich auf keiner einzigen; mit Mario dafür aber bereits im “The Village Idiot”, im “Tiger’s Milk”, in der Tapas-Bar “La Parada”, im “Beerhouse” sowie im “Weinhaus + Biergarten”, which is located in the basement of a former church. Zum Fortgehen gibt’s genug. Aber auch das überfordert mich.

Bo-Kaap, der Stadtteil, in dem ich lebe, liegt super-zentral. Mit dem Auto dauert es nur wenige Minuten, all diese Locations, die vorwiegend in der Long, Bree oder Loop Street liegen, anzufahren. Zu Fuß zu gehen ist vor allem nach Einbruch der Dunkelheit keine besonders gute Idee. Das hören wir hier nicht nur in der Schule, sondern auch zu Hause, und auch die Geschichten, die manche Studenten nach einer unvorsichtigen Nacht zu erzählen haben, beweisen, dass man in Kapstadt auf der Hut sein muss. Cape Town, you’re killing me!

5 comments on “Cape Town, you’re killing me!

  1. Liiiiiebe Agnes,
    Voller Spannung warte ich immer auf Deine Kapstadterzählungen. Danke, so komme ich sogar mal nach Südafrika? Soso, Du ziehst Dir also auch ab und an die Sissi rein (schmunzelgrins) ich auch. Kitsch kann Kult sein.
    Und Du hattest einen schulgeschwänzten, frühlingshaften Geburtstag. Dazu alles, alles Gut und Beglückende nachträglich. Spannende Erfahrungen brauch ich Dir ja nicht wünschen, die bastelst Du Dir selbst ausreichend.
    Ich finds einfach klasse, wie Du Dein Leben gestaltest und Herausforderungen gradezu jagst. Toll!!!
    Lustig zu lesen, wie Du mit dem Altersunterschied haderst und den Interessen “der heutigen Jugend” fremdelst. Was soll dann eine 55jährige alte Schachtel wie ich erst sagen? ‘S ist ein Kreuz? Ich weiß ja auch nix von dem Herrn Biber, aber vielleicht gäbe es doch die eine oder andere Tonfolge die er dem Wolfgang Amade geklaut hat? Wär ja mal spannend was die kids dazu sagen würden?
    Ich freu mich jetzt schon auf Deine Nachlese bzgl. der Sissi.
    Dass Du Dich in Deiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt fühlst ist gut nachvollziehbar. Auf Dauer stell ich mir das unerträglich vor. Oder es fällt einem irgendwann gar nicht mehr auf, weil unser Hirn doch recht schnell vergisst, wie anders etwas sein kann. Bin gespannt, wie Du das in ein paar Monaten wahr nimmst.
    Hach Agnes, nicht verzagen!
    So nun muss ich aufhören, weil mein dicker Kater das Ipad als Liegefläche auserkoren hat. Bevor er noch unanständiges Zeug tätzelt, überlasse ich ihm das Feld………
    Grüß den Tafelberg von mir
    Und Du fühl Dich feste umarmt. Ach ja, bei uns wird es langsam a….kalt. Die norddeutschen Herbstwinde wehen ordentlich um die Ecken. Ich mag dann gern strickend bei Tee auf dem Sofa sitzen, wenn es die wenige Freizeit erlaubt. Sooooo gemütlich!
    So long?

  2. Hallo Agnes!
    Halte die Ohren steif – ist einfach ein ganz anderes Leben dort und das Sich- drauf einstellen braucht Zeit.
    Weiß noch gut wie es mir in jungen Jahren in NYC gegangen ist – diese Großstädte sind oft Stimmungsverstärker, Du findest schon einen guten Weg im Laufe der Zeit vor allem mit Dir selber!
    Have a good time??⭐️ Martina

    1. Liebe Martina, vielen Dank fuer deine Nachricht! Bitte verzeih, dass ich so lange zum Antworten gebraucht hab, aber es geht hier fuer mein Empfinden drunter und drüber. Bin offenbar nicht gut in Sich-schnell-woanders-eingewöhnen. Aber zumindest bin ich zuversichtlich! Wird schon! Freu mich, dass du mitliest!
      Ganz liebe Grüße und schönen Sonntag!
      Agnes

  3. Liebe Agnes!
    Ich bin so eine Urschel, dass ich Deinen Geburtstag verschwitzt habe… Du hast sicher kein Sauerkraut gegessen, daher kann ich Dir Bedenkenlos im Nachhinein zum Geburtstag gratulieren. HAPPY BIRTHDAY and all the best for your Feature in Kapstadt… Bzgl. Eingewöhnungsphase, da mach´ ich mir bei Dir keine Gedanken, dass kriegste alles gebacken. Hier in Wien geht der Wahnwitz 🙁 weiter und glaub´ es mir ich wäre jetzt voll gerne bei Dir :)… Ich drücke und umarme Dich ganz fest, damit Deine Batterien wieder aufgeladen sind… Don´t worry!!!
    Urviele Geb.-Busserl aus dem zZ feuchten Wien 🙁 schickt Dir ein Fan…

    1. Danke, liebe Diana! 🙂
      Natürlich hab ich kein Sauerkraut gegessen, liegt aber sicher nicht daran, dass es das hier nicht zu kaufen gibt (ganz im Gegenteil: in Kapstadt gibt es alles zu kaufen!), sondern vielmehr daran, dass ichs nicht so mag 🙂
      Ich tu mir schwer, echt. Es wird aber von Tag zu Tag besser/leichter. Die studentischen Verbindungen werden intensiver und das Programm, das rund um den Schulalltag in Kapstadt angeboten wird, kann man aus heutiger Sicht in drei Jahren nicht alles durchmachen. Es ist einfach zu viel. Zu viel von allem. Zu viel Stress. Zu viele neue Leute. Zu viele neue ungewohnte Situationen. Zu viel zu tun. Etc etc.
      Meld mich demnächst wieder!
      Freu mich, dass du mitliest!
      Bu Ag

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