Living in the Gangsta’s paradise?

Kleinere Delikte wie Taschendiebstähle und Autoeinbrüche stehen in Cape Town an der Tagesordnung. Das höre ich immer wieder von Mitstudenten, die bereits Opfer solcher Vorfälle geworden sind. Wenn sie über ihre Erfahrungen bei der Polizei hinsichtlich ihrer Anzeigenerstattung erzählen, verfinstern sich ihre Gesichter. Stundenlang habe man warten und Fragen beantworten müssen. All das scheint hier [Ga]ng /gæŋ/ und gäbe zu sein. “Got mugged in Long [Street] last week”, erfahre ich von einem Bekannten über WhatsApp. Ja, getting robbed sucks! Ich darf mich glücklich schätzen, dass mir noch nichts abhanden gekommen ist. Thank god!

Jedenfalls gilt die Kriminalität in Südafrika immer noch als eine der größten Herausforderungen der Politik. Zwar hat sich vor allem rund um die Fußball-WM 2010 viel in diese Richtung getan (Kameraüberwachung, aufgestocktes Sicherheitspersonal, Polizeipatrouillen, …), dennoch rangiert Kapstadt auf der Liste der weltweit gefährlichsten Großstädte (Stand Jänner 2016) auf Platz 9; Platz 1 nimmt das venezolanische Caracas ein. Auffallend ist, dass das südafrikanische Cape Town innerhalb dieser Liste als erste Stadt außerhalb der lateinamerikanischen Landkarte in Erscheinung tritt. Apropos Politik: Erst vor einigen Wochen kam es im südafrikanischen Parlament vor dem State Of the Nation Address 2017, der jährlichen Rede des Präsidenten zur Lage der Nation, zu einer handfesten Auseinandersetzung.

Gefährliches Pflaster Kapstadt? Jein. Natürlich ist es unratsam, sich abends alleine durch die Straßen zu bewegen. Man muss einfach aufpassen und sich gewahr sein, dass an jeder Ecke und zu jeder Tageszeit etwas passieren kann. Klar, Meldungen über Morde in der unmittelbaren Nachbarschaft (Bo-Kaap) machen mich besonders unruhig, die meisten kriminellen Handlungen werden jedoch innerhalb der Townships begangen.

Zum Thema passend lese ich zur Zeit “Gang Town” /gæŋ tawn/, eine knapp 300 Seiten starke Reportage über Kapstadts Township-Gangs, recherchiert und geschrieben von Don Pinnock, einem Investigativjournalisten aus Cape Town.

Ja, “Cape Town is two cities”, wie es auf der Buchrückseite von “Gang Town” heißt. Schon Mitte Oktober, kurz nach meiner Ankunft hier, habe ich über die beiden Seiten dieser Stadt geschrieben, und schon auf der Fahrt vom Flughafen in mein erstes Zuhause habe ich damals einen ersten Eindruck von den Elendsvierteln, von dieser anderen Welt, die es hier in Kapstadt gibt, erhalten.

Von einer organisierten Township-Tour nach beispielsweise Langa, Gugulethu oder Kayelitsha, die seit der Überwindung des Apartheid-Regimes vermehrt angeboten werden, konnte ich bis dato noch nicht überzeugt werden. Einzig in Mzolis, ein populäres Restaurant mit angeschlossener Fleischerei am Rande von Gugulethu, bin ich bisher gewesen. Sonntagvormittag legen dort DJs auf, und die Besucher essen ihr mariniertes Fleisch und Geflügel (Braai) entweder von Blechtellern oder aus Pappkartons, die zuvor mit Alufolie ausgelegt wurden. Mir persönlich hat dieser angebliche “place to be” aber nicht so wirklich getaugt und was Wikipedia überdies über diesen Ort schildert, scheint mir mehr als glaubhaft: “Amongst Gugulethu’s residents, Mzoli’s Place has a reputation for public drunkenness and disrespect for the local community.” Letzteres hängt wohl auch damit zusammen, dass die Besucher ihren Alkohol selbst mitbringen und konsumieren können (und das auch ausgiebig tun).

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