(Nachtrag, 25. – 27. Dez. 2016) – Der “Oranje River”, Grenzfluss zwischen Südafrika und Namibia, schlängelt sich von Lesotho aus mehr als 2200 km bis in den Atlantik. 50 km davon paddeln wir selbst in 2 1/2 Tagen. Geschlafen wird unter freiem Sternenhimmel, für den Namibia so berühmt ist. Truly a Highlight!
Gemeinsam mit Tabea bilde ich das “Team 31” – im grauen Rafting-Boot mit dieser Nummer bewältigen wir nun alle Hindernisse. Mal leichter, mal anstrengender. Das Wasser ist nicht gerade hoch, über viele Stellen im Fluss müssen wir es über Steine und Felsen schieben. Strömung gibt es am Tag 1 fast keine, lediglich ein paar Stromschnellen bringen ein bisschen Schwung und Bewegung rein. Die Landschaft hingegen ist mehr als bewegend, sie ist einfach unbeschreiblich. Mittags halten wir für einen Lunch einfach irgendwo am Flussufer. Die Guides der River Rafting- und Canoeing-Tourorganisation Bushwacked Anthony, Laura und Dave sind bestens ausgestattet – sie haben alle Lebensmittel für drei Mahlzeiten täglich (die sind auch notwendig!), reichlich Trinkwasser, die gesamte Küchenausstattung, Dry- und Wetbags, First Aid Kits und auch eine mobile Toilette ? mit dabei. Ich bin regelrecht begeistert! Was die Toilette betrifft, bin ich jedoch skeptisch. Dave erklärt uns, wie sie bedient wird – inkl. “Flush”, natürlich mit einer biologisch abbaubaubaren (biodegradable) Wassermischung. Ich entscheide mich in der Wildnis aber dann – falls es jemand genau wissen möchte – für die natürliche Option: Ausgestattet mit dem Spaten “D(o)uglas” (zurückzuführen auf das Verb “to dig”, Past “dug” / Past participle “dug” – graben, schürfen), einer Klopapierrolle und einer Schachtel Zündhölzer mache ich mich auf die Suche nach einem stillen Örtchen (in dieser Umgebung nicht schwer zu finden), um mein großes Geschäft dort zu verrichten. Mit “Douglas” hebe ich also ein Loch aus, das danach wieder zugeschüttet wird; das Klopapier wird davor verbrannt. Entsprechend dem “Think green”-Gedanken soll nichts zurückgelassen werden, was nicht dahin gehört. Retour a la nature!
Ruhe und Besinnlichkeit – zwei Schlagworte, die perfekt auf das heurige, so völlig anders geartete Weihnachtswochenende, zutreffen. Der Orange River trägt unsere insgesamt zwölf Boote zu einem großen Teil der Zeit ruhig und gemächlich von A nach B. Bisweilen ist auch Wind mit von der Partie. Gegenwind natürlich. Tabea und ich kämpfen uns aber erstaunlich gut durch. Bereits nach Tag 1 spüre ich mein rechtes Handgelenk ganz besonders. Bis zum Ende dieser abenteuerlichen Tour wird es leicht geschwollen sein und mir das Halten einer Flasche oder Kaffeetasse sowie das Zähneputzen deutlich erschweren. Ebenso das Schreiben dieses Posts.
Am zweiten Tag meinen es die Wettergötter schon viel besser mit uns: Fast den ganzen Nachmittag können wir uns treiben lassen. Der Fluss weist weiters ein paar schwierigere Passagen auf, die wir aber ohne gröbere Probleme hinter uns lassen.
Tag 3 verläuft dagegen recht ruhig, zumindest was die Strömung angeht. Ein letztes Mal haben wir die Gelegenheit, vom Boot direkt ins Wasser zu springen und uns (bei 38 bis 40 Grad) abzukühlen. Wir beobachten Warane, die auf den aufgehitzten Felsen ein Sonnenbad nehmen, Baboons (Paviane), die frühmorgens in den Felswänden am gegenüberliegenden Ufer lautstarke Kämpfe austragen, ihr Gefieder trocknende oder tauchende Kormorane (mit Schlangenhälsen!) und Kühe. Ja, Kühe!
Nachdem wir unser Nachtlager im “Canyon Roadhouse” (alte Autos als Interieur) aufgeschlagen haben, besuchen wir abends die “Fischfluss-Schlucht”. Wieder soll mein analoger Reiseführer aus dem Hause Reise Know-How Recht behalten, wenn es da heißt: “Namibias Landschaften sind nicht nur majestätisch schön, sondern erzählen demjenigen, der es zu lesen vermag, die Entstehungsgeschichte der Kontinente. […] [A]n den Wänden des Fish River Canyon lassen sich die erdgeschichtlichen Entstehungs- und Verwitterungsprozesse Schicht für Schicht verfolgen.” Ich kann mir das alles, was da vor Millionen von Jahren vorgegangen ist, weder vorstellen noch lesen. Ich bin einfach nur überwältigt und mir wird schwindelig, wenn ich an einem der Aussichtspunkte in die 160 Kilometer, bis zu 550 Meter tiefe und an manchen Stellen bis zu 27 km breite Schlucht blicke, die durch Erdkrustenrisse entstanden ist. Schwindelig wird mir aber nicht nur der Höhe, sondern auch meiner Aufregung wegen: Ich befinde mich an Afrikas größtem und – nach dem Grand Canyon – zweitgrößten, aber immerhin ältesten Canyon dieser Erde! Wowwwww! Wer ein richtiges Adrenalinkickabenteuer sucht, kann auf einem sechs Tage lang andauernden Hiking Trail (knapp 90 km) durch die Schlucht wandern; es gibt nur zwei Notausstiege, einer bei km 15, den zweiten bei km 70. Die Wanderung ist aufgrund der superhohen Temperaturen nur im Winter möglich/erlaubt – angeblich schmelzen sommers Wanderschuhe und Sohlen. Uff. Naja. Nach dem River Rafting passe ich jetzt mal, was “Living and Exploring life” in der Wildnis anbelangt. I am done with paddling. Aber: Schön war’s!!!